"Eine hervorragende Plattform"

Mit Beginn der Wintersaison 2019 startete der Tennisverband Rheinland im Leistungszentrum auf der Karthause das Pilotprojekt „Trainings Base für Profispieler“

Koblenz. Der TVR beschreitet neue Wege. „Toll, dass so etwas im Rheinland geschaffen wurde“, begeistert sich Anna-Lena Friedsam, deren Comeback-Pläne sich mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft am 16. Dezember 2018 in Biberach mehr als erfüllt haben. Die „Trainings Base für Profispieler“ hat der Tennisverband Rheinland (TVR) mit Beginn der Wintersaison im Landesleistungszentrum auf der Karthause in Koblenz als Pilotprojekt ins Leben gerufen.

„Der Gedanke daran kam mir schon vor meiner Zeit als Landestrainer“, erklärt TVR-Coach Sascha Müller. Ihn bewegte die Frage: Was machen Spielerinnen und Spieler, wenn sie der Phase Jugendtennis entwachsen sind? Die Schritte bis dahin sind bekannt: Jugendsichtung der Sechs- oder Siebenjährigen, dann Verbandstraining im TVR-Kader, also von einem Alter von 6/7 Jahren bis 17/18. „Dann will sich der eine oder andere gute Jugendspieler vielleicht als Profi etablieren“, sagt Müller und verweist auf den Altersschnitt von 28,3 Jahren der Top 100 auf der ATP-Tour und 25,3 auf der WTA-Tour: „Da besteht eine Spanne von zehn Jahren.“ Einige wenige versuchen „auf individuelle Art und Weise“ voranzukommen, für andere ist Collegetennis in den USA ein Weg, mancher bricht aber auch nach dem Kader-Durchlauf seine Karriere ab, noch ehe sie richtig beginnen konnte. So sehen die Szenerien aus, die den Verbandscoach bewegt haben.

Mit der neuen Trainings Base schuf der Verband jetzt eine Anlaufstelle für Aktive mit der Zielsetzung Profi. „Die Sache beschäftigt uns seit geraumer Zeit“, bestätigt TVR- und DTB-Präsident Ulrich Klaus. „Der entscheidende Anstoß kam vom Verbandstrainer und von den Aktiven.“ Die fühlen sich, so Klaus, „bei uns wie zu Hause“, und sie können sich jetzt in aller Ruhe und ohne Ablenkung (Klaus: Vor allem entfällt die lästige Suche nach einer geeigneten Halle) auf ihre Turniere vorbereiten. Durch den Rebound-Ace Hallenboden trainieren die Profis unter optimalen Turnierbedingungen.

Neben Anna-Lena Friedsam, die nach ihrer zweiten Schulteroperation im April 2018 an ihrer Rückkehr in die erweiterte Weltspitze arbeitet, nutzen auch Benjamin Hassan, am 20. August auf ATP-Rang 358 notiert, und US-College-Rückkehrer Constantin Schmitz (Sascha Müller: Er hat im Sommer seine ersten 12 ATP-Punkte gemacht) die Vorteile der Trainings Base, deren Leitung sich Müller und DTB-A-Trainer und Ex-Profi Dominik Meffert teilen. Die beiden übernehmen die individuelle Trainingssteuerung und Turnierplanung für die Profis, zwar nicht kostenlos, aber „zu moderaten Tarifen, die sich nach den Inhalten der individuellen Trainingspakete richten“, wie Landestrainer Müller erläutert. Für die 24jährige Friedsam ist die Karthause die ideale Anlaufstelle. „Wir können alle Räumlichkeiten des Landesleistungszentrums nutzen, die Atmosphäre ist positiv, alle drei verfolgen das gleiche Ziel und die Jungs sind für mich super Sparringspartner, wobei wir uns gegenseitig hochpushen“, sagt sie. In der ersten französischen Hallen-Liga holte sich Anna-Lena Friedsam im Team des TC Cormontreuil die fehlende Matchpraxis, ihr letztes Turnierspiel vor den Deutschen Meisterschaften bestritt sie im Januar 2018 bei den Australian Open gegen Angelique Kerber. „Ich muss abwarten, was mir mein Körper nach den ersten Spielen meldet“, gab sie sich noch im November zurückhaltend, während Coach Müller sie bereits „auf einem guten Weg zu ihren hundert Prozent der alten Leistungsstärke“ einschätzte – was nun in Biberach mit dem Titelgewinn eindrucksvoll bestätigt wurde.

Einen weiteren Vorteil des neuen Profi-Stützpunktes sieht Sascha Müller im Geben und Nehmen der Beteiligten, „eine Hand wäscht die andere.“ Denn Friedsam, Hassan und Schmitz „geben viel von ihrer Erfahrung an unsere besten Nachwuchsspieler ab“, erläutert er. „Wer hat sonst schon mal die Gelegenheit, mit Anna-Lena zu trainieren?“ Der Tennisverband  Rheinland will zwar den Umfang der Base zunächst begrenzen („Klein, aber mit Qualität“), aber wie der Landestrainer mitteilt, gibt es schon einige Anfragen aus anderen Landesverbänden. „Die wollen einen ihrer jungen Profispieler zum Probetraining zu uns schicken.“ Es hat sich also schon herumgesprochen, was da auf der Karthause vor sich geht. „Das ist eine hervorragende Plattform für Spieler, die aus den Jugendklassen  herausgewachsen sind und einen Weg auf der Profischiene anstreben“, sagt Verbands-Jugendwart Michael Montada. „Es ist zwar ein harter Weg, aber wir können in Koblenz die Möglichkeiten anbieten, dieses Ziel umzusetzen.“